Tag des Herrn – Bundespräsident Joachim Gauck hat die in Magdeburg für minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge geleistete Integrationsarbeit zur Nachahmung empfohlen. Gauck besuchte den Vormundschafts-Verein Refugium, die Clearingstelle der Caritas und eine Berufsbildende Schule. Von Eckhard Pohl
Der Verein Refugium in Magdeburg kümmert sich seit 1997 um Kinder und Jugendliche, die ohne Begleitung Erwachsener als Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Am 12. Dezember hat Bundespräsident Joachim Gauck den Verein sowie eine Werkstatt für junge Flüchtlinge in den Berufsbildenden Schulen „Hermann Beims“ besucht. Bei einem Gespräch mit jungen Migranten sowie Mitarbeitern von Refugium und von der Erstaufnahmeeinrichtung der Caritas würdigte Gauck die weitgehend ehrenamtliche Arbeit des Vormundschaftsvereins unter dem Dach der Caritas. Dieses Engagement sollte auch in anderen Bundesländern Schule machen, so der Bundespräsident. Überhaupt rief das Staatssoberhaupt dazu auf, vorbildliche Initiativen der Flüchtlingshilfe mehr bekannt zu machen. Gleichzeitig sollte man aber mit den Menschen sprechen, die angesichts der wachsenden Zahl der Flüchtlinge Ängste haben, anstatt denen Raum zu geben, die Ängste schüren.
Bundespräsident Gauck und Lebensgefährtin Daniela Schadt sprechen mit jungen Flüchtlingen, die vom Verein Refugium betreut werden. Von links: Bischof Feige, Ministerpräsident Haseloff, Vereinsvorsitzende Schwenke. (Foto: Eckhard Pohl)
Gauck lobte im Beisein von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff und des Magdeburger Bischofs Gerhard Feige Kirche und Caritas als verlässliche Partner des Landes Sachsen-Anhalt bei der Flüchtlingsarbeit. Besonders würdigte er das Bemühen, trotz teilweise gesetzlich bedingter Hindernisse den Jugendlichen eine möglichst gute Integration und Bildungsteilhabe zu ermöglichen. In der einzigen Clearing- und Erstaufnahmestelle für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge in Sachsen-Anhalt, die sich in Caritas-Trägerschaft befindet, bieten Mitarbeiter und Ehrenamtliche den jungen Migranten unter anderem erste Möglichkeiten an, Deutsch zu lernen, zumal ihnen zunächst kein Schulbesuch oder die Teilnahme an einer Berufsausbildung gestattet ist.
Die Vorsitzende des Vereins „Refugium“, Monika Schwenke, wünscht sich jedoch von der Politik, „dass auch für die minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlinge frühzeitig Deutschkurse mit qualifizierten Pädagogen organisiert und finanziert werden“. Ohne gewisse Sprachkenntnisse sei es kaum möglich, die Schule zu besuchen oder eine Berufsausbildung zu absolvieren. Schwenke, die auch leitende Caritas-Mitarbeiterin und Vorsitzende der Härtefallkommission Sachsen-Anhalts ist, sprach sich zudem für eine gesetzlich geregelte Übergangszeit einschließlich einer finanziellen Übergangshilfe für junge Flüchtlinge aus, die volljährig werden. So könnten sie auf ihrem Weg in Ausbildung, Studium oder Arbeit noch ein Stück begleitet und auch finanzielle Schwierigkeiten überbrückt werden.
Ministerpräsident Haseloff kündigte an, die Themen mit in sein Kabinett zu nehmen. Die vom Land mitfinanzierten Projekte zeigten, dass es möglich ist, gute Integrationsarbeit zu leisten. Bischof Feige betonte, die Flüchtlingsarbeit sei eine „Herzensangelegenheit“ seines Bistums. Sie werde von den Pfarrgemeinden mitgetragen. Feige hatte am 8. Januar dieses Jahres die „Flüchtlingshilfe Sachsen-Anhalt“ ins Leben gerufen. Seit seiner Gründung betreute der Verein „Refugium“ 241 junge Flüchtlinge aus 44 Ländern. Sie haben oft eine lange Odyssee hinter sich, wie dies im Gespräch mit Bundespräsident Gauck etwa die junge Somalierin Fadomo ali Halif schilderte. Zur Zeit führt der Verein 38 Vormundschaften, sechs neue Anträge liegen beim Amtsgericht vor. Besonders aus Syrien kommen immer mehr Hilfesuchende. Für 2014 rechnet der Verein im Vergleich zu den Vorjahren mit einer Verdreifachung der Neuaufnahmen von 10 auf 30.