Damit Flüchtlingskinder zurück ins Leben finden

Volksstimme – Rewan war zehn, als er aus Syrien floh. Er schaffte es bis nach Deutsch­land, in die zent­rale An­lauf­stel­le in Halber­stadt – aller­dings allein. Bis heute weiß der Junge nicht, wo seine Eltern sind. Dass Kinder wie Rewan in Sachsen-Anhalt zurück ins Leben finden, darum küm­mert sich seit 17 Jahren Refu­gium, ein Vor­mund­schafts­ver­ein der Cari­tas. Für sein Enga­ge­ment hat er jetzt den Men­schen­rechts­preis Gol­dene Tau­be erhalten. Von Elisa Sowieja

Wo Rewan woh­nen; wel­che Schu­le er besu­­chen soll, dass er nicht ab­ge­­scho­­ben wird – all das re­gel­te Roland Bartnig. Er ist der haupt­­amt­­liche Vor­mund bei Refu­­gium und be­treut der­­zeit 28 Flücht­­lings­­kin­der ohne Eltern. Mög­lich ist das nur mit Unter­­stüt­­zung von rund 30 Vereins­­mit­­glie­dern, allen voran die Vor­sit­­zende Monika Schwenke. Sie hel­fen den Kin­dern und Ju­gend­­lichen bei den Haus­­auf­­ga­ben, ver­­mit­­teln ih­nen Prak­­ti­ka, or­ga­ni­sie­­ren The­­a­ter­­work­­shops – Dinge, für die ein Vor­­mund vom Amt nicht die Zeit hät­te. „Beson­­ders wich­tig ist für uns auch die Spen­­den­ak­quise“, sagt Schwenke. „Denn das Land fi­nan­­ziert un­sere Aus­­ga­ben nur zu 80 Pro­zent, den Rest müssen wir selbst auf­bringen.“

217 min­der­jährige Flücht­linge aus 44 Län­dern hat der Mag­de­bur­ger Verein schon auf ihrem Weg ins Erwach­se­nen­dasein beglei­tet. Sie haben meist Grau­sames erlebt, berichtet die Vereins­­chefin: „Teils wur­­den die El­tern im Krieg er­mor­det, teils sind sie völlig ver­armt und haben ihr Kind weg­­ge­­schickt, damit es die Chance auf ein besseres Leben hat. Manche flie­hen auch vor Zwangs­hei­rat oder stammes­ritu­­eller Ge­ni­tal­­ver­stüm­­me­lung.“ Der Ver­eins­­ar­beit wid­met sich Schwenke – ähn­lich wie die anderen Ehren­­amt­­lichen – jede Woche et­liche Stun­den. Dabei hat sie schon einen Voll­­zeit­job bei der Caritas. Warum sie das macht, kann sie leicht erklären:

„Wenn Kinder schutz­bedürf­tig sind, ist es für mich als Mutter selbst­ver­ständ­lich zu helfen.“ Rewan hatte Glück im Unglück. Die Clea­ring­stelle in Magde­burg dort leben die Kinder; wenn sie noch keinen Vor­mund ha­ben – konnte einen älteren Bru­der in Merse­burg aus­fin­dig machen. Dort ist aus dem hilflosen Flücht­ling ein Schul­kind gewor­den.

Über den Preis

Weltweit existieren 30 Goldene Tauben. Sie wurden vom Künstler Richard Hillinger geschaffen, um auf die 30 Artikel der Erklärung der Menschrechte aufmerksam zu machen. Jeder Preisträger bestimmt nach einem Jahr den nächsten. Auch Angela Merkel und Michail Gorbatschow gehörten schon dazu. Refugium hat die Goldene Taube von der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt erhalten.